25.01.2024

Marktkommentar | EZB: Vorsichtige Töne überzeugen nicht

Auf ihrer Januar-Sitzung hat die EZB ihren abwartenden geldpolitischen Kurs bestätigt. Der Ausblick für Konjunktur und Inflation hat sich aus Sicht der Ratsmitglieder wenig verändert. Besonderes Augenmerk schenkt die EZB weiterhin der nach wie vor (zu) dynamischen Lohnentwicklung und sieht erste Zinssenkungen nicht vor Jahresmitte. Die EZB bleibt damit vorsichtiger in ihren Zinssignalen als die FED. Die derzeit sehr schwachen Konjunkturdaten werden diese Positionierung in den kommenden Monaten allerdings weiteren Tests unterziehen. Erstmals könnte die EZB am Ende früher die Zinsen senken als die FED, meint Dr. Johannes Mayr, Chefvolkswirt bei Eyb & Wallwitz.

 

Auf ihrer heutigen Sitzung hat die EZB ihre Leitzinsen unverändert gehalten. Wie im Dezember hat sie einen zurückhaltenden Ton mit Blick auf mögliche Zinssenkungen in den kommenden Monaten angeschlagen. Zwar bleibt der Ausblick für die Konjunktur schwach und der Abwärtsdruck auf die Inflation hat sich wie erwartet verstärkt. Die Unsicherheit über die Kosten der Lieferkettenprobleme im Seehandel bleibt aber erhöht. Vor allem aber sieht die EZB nach wie vor Aufwärtsrisiken für die Inflation durch die hohe Lohndynamik in zahlreichen Euro-Ländern. Zwar habe sich diese zuletzt etwas stabilisiert und Unternehmen hätten die Preiseffekte bisher durch Margenkürzungen begrenzt. Vor möglichen Weichenstellungen in Richtung Zinssenkungen will die EZB aber weitere Daten zur Lohnentwicklung abwarten. So seien für 2024 etwa 40% der Tarifrunden im Euro-Raum noch nicht ausgehandelt. 

 

 

Aussichten für Anleger

Die EZB sieht den Zeitpunkt für den Beginn von Zinssenkungen damit auch zu Jahresbeginn in weiterer Ferne als die FED, trotz der deutlich schwächeren Konjunkturdaten. Die Mehrheit der Investoren teilt diese Zurückhaltung nach wie vor nicht und die EZB-Sitzung hat daran nichts geändert. Vielmehr preist der Anleihenmarkt eine erste Senkung bis April nun sogar zu etwa 80% ein und damit stärker als zuvor. Bis Jahresende werden insgesamt fast 6 Zinsschritte nach unten erwartet. Dies scheint angesichts des hohen Lohndrucks und der erhöhten Sorgen der EZB vor Zweitrundeneffekten zwar überzogen, solange es zu keinem Absturz der Wirtschaft kommt. Ob die EZB mit Blick auf den Beginn von Lockerungen tatsächlich der FED den Vortritt lassen wird, bleibt aber fraglich. Denn die derzeitigen Aussichten für Konjunktur und Preisentwicklung sprechen klar dagegen. Das haben die US-Daten zum BIP im vierten Quartal und das ifo Geschäftsklima für die deutsche Wirtschaft heute eindrucksvoll gezeigt.  


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Unsere Autoren

Dr. Johannes Mayr
Dr. Johannes Mayr

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