20.10.2025

Marktkommentar | Kommentar zum Wirtschaftsnobelpreis: Innovation ist die beste Konjunkturpolitik

Der diesjährige Wirtschaftsnobelpreis ehrt drei Forscher, die Schumpeters Vision vom Kapitalismus als Motor kreativer Zerstörung neu beleben. Ihre Arbeiten zeigen: Echter Fortschritt entsteht durch Innovation, Wettbewerb und Wandel – nicht durch Stillstand. Ein Weckruf für Europa, ein Spiegel für die USA und ein klares Plädoyer für mehr Mut zur Erneuerung findet Dr. Johannes Mayr, Chefvolkswirt bei Eyb & Wallwitz.

Mit dem Nobelpreis für Wirtschaftswissenschaften werden in diesem Jahr mit Philippe Aghion, Peter Howitt und Joel Mokyr drei Forscher ausgezeichnet, die Joseph Schumpeters ökonomische Ideen in die Gegenwart holen. Ihre Arbeiten zeigen: Wachstum entsteht nicht aus Beharrung, sondern aus Innovation, Wettbewerb und Wandel. Und konjunkturelle Krisen sind keine Katastrophe, sondern ein notwendiger Teil des Fortschritts. Es ist ein Preis im Geiste Schumpeters – und ein Weckruf an die Wirtschaftspolitik und die Gesellschaft auf beiden Seiten des Atlantiks.

Schumpeter war weder Klassiker noch Keynesianer. Den Glauben der Klassiker an das statische Gleichgewicht hielt er für ebenso naiv und kurzsichtig wie den keynesianischen Ruf nach staatlicher Stützung und Steuerung. Für ihn war der Kapitalismus ein dynamisches System, ein permanenter Prozess der schöpferischen Zerstörung. Unternehmer sprengen alte Strukturen, schaffen Neues und treiben damit Wachstum und Wohlstand.

Heute, fast 80 Jahre nach Schumpeters Tod, wirkt seine Diagnose erstaunlich aktuell. Während in den USA und China junge und große (Tech-)Unternehmen mit enormem Tempo ganze Wirtschaftsbereiche neu definieren, ringen Deutschland und Europa nach wie vor mit der Frage, ob bzw. wie sehr Wandel überhaupt gewollt ist. Statt neuen Geschäftsmodellen und Branchen Raum zu geben, werden alte Industrien mit Subventionen und Schutzschirmen am Leben gehalten. Stillstand wird dabei oft mit Stabilität verwechselt. Und Veränderung mit Risiko. Dabei zeigt der transatlantische Vergleich eindeutig: Das stärkere Wachstum der USA lässt sich vor allem dadurch erklären, dass mehr dynamische und innovationsgetriebene Unternehmen entstehen und gleichzeitig weniger Kapital in überalterten, kaum wachsenden Firmen gebunden ist. Doch auch die USA stehen vor Herausforderungen. Der Innovationsmotor läuft zwar auf Hochtouren. Doch seine Früchte sind zunehmend ungleich verteilt. Die politische Polarisierung wächst und droht die gesellschaftliche Akzeptanz von Wandel und Fortschritt zu untergraben. Auch auf diese Herausforderung hat Schumpeter hingewiesen.

Der Nobelpreis erinnert uns: Wirtschaftliche und gesellschaftliche Stabilität erfordert nicht weniger, sondern mehr Schumpeter. Das ist unbequem – für die Politik wie auch die Gesellschaft. Doch Erneuerung ist keine Gefahr, sondern die Quelle unseres Wohlstands. Aber sie braucht einen Rahmen. Der Staat darf nicht bremsen, sondern muss Hüter des Wettbewerbs sein – er sollte die Folgen der kreativen Zerstörung abfedern, ihre dynamische Kraft aber nicht ersticken. Auch Investoren können von Schumpeter lernen. Märkte sind keine sicheren Häfen, sondern Ströme in Bewegung. Und Kapital ist am produktivsten, wenn es Unruhe finanziert. Das gilt gerade in den wachstumsstärksten Bereichen der Wirtschaft, von der Technologie über die Industrie bis zum Gesundheitsbereich.

 

 



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Unsere Autoren

Dr. Johannes Mayr
Dr. Johannes Mayr

Chefvolkswirt

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